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Fort William World Championships Recap

Fort William World Championships Recap

Die Fahrt über den Glencoe-Pass in Schottland ist immer etwas ganz Besonderes. Während man damit beschäftigt ist, nicht in einen der vielen entgegenkommenden LKWs zu crashen, von der kurvigen Straße abzukommen oder einen Wildunfall zu verursachen ziehen links und rechts fast schon bedrohlich wirkende Berge vorbei. Auf einen Schlag fühlt man sich winzig klein. Trotz all dieser Faktoren, die einen das Lenkrad fester umklammern lassen, ist es eine der schönsten Anfahrten zu einem Downhill-Rennen. Ziel der Fahrt ist natürlich das legendäre Fort William, diesmal für die Downhill Weltmeisterschaft 2023.


Der Downhill Worldcup macht inzwischen seit 20 Jahren in Fort William Halt. Vom ersten Rennen an hatte die Strecke den Ruf, Bikes, Fahrer und deren Willenskraft zu brechen - oder es zumindest zu versuchen. Die schottischen Highlands sind ein hartes Pflaster. Die malerische Landschaft kann in einem Augenblick mit sonnigen Aussichten begeistern, die an “Herr der Ringe” erinnern, und schon wenige Minuten später können einem Sturmböen dicke Regentropfen fast waagerecht ins Gesicht peitschen. Die Wettervorhersage im Blick zu haben, ist also Pflicht, doch sollte man immer auch ein Auge auf die Mücken-Prognose haben. Und zwar nicht um zu schauen, ob man von den kleinen Blutsaugern gefressen wird, sondern nur um herauszufinden, wie sehr.

Die legendäre Abfahrt in Fort William ist hart und ruppig und strapaziert jedes Bike bis aufs Äußerste. Ihre schiere Länge macht selbst für die stärksten Racer jede Abfahrt zum Fitness-Test. Während die oberen und unteren Abschnitte der Strecke mittlerweile alte Bekannte sind, nimmt der mittlere Streckenteil jedes Jahr einen anderen Verlauf durch den Wald und fordert die Fahrer mit einem abrupten Wechsel von Pace und Streckencharakteristik.

Dieses Jahr war jedoch die ganze Strecke anders: Sie folgte zwar weitestgehend dem gleichen Verlauf wie in den Vorjahren, allerdings hatte das Trail-Team sechzehn Wochen damit verbracht, Löcher zu füllen und Kurven auszubauen. Auch kam ausgiebig die Rüttelplatte zum Einsatz, so dass manche Abschnitte zwar hart wie Beton waren, aber dadurch den Belastungen der vielen Fahrer besser standhielten.

Der unerwartet glatt gebügelte Untergrund sorgte dafür, dass die Racer bereits ab den ersten Trainingsruns Vollgas gaben. Die neu aufgeschütteten Kurven ermöglichten es, diese Geschwindigkeit auch mit in die ruppigen Abschnitte zu tragen. Fahrer, die mit gut-abgestimmten Bikes und ausreichend Selbstvertrauen unterwegs waren, konnten so scheinbar mühelos über die zerklüfteten Felsen fliegen. Aber wer auch nur einen kleinen Fehler machte oder zu viel Geschwindigkeit verlor, wurde sofort daran erinnert, welch hohes Maß an Präzision die Abfahrt in Fort William erfordert - und wie schnell aus einer Highspeed-Abfahrt ein Highspeed-Crash werden kann.

Für unsere Stacey waren Strecke, Bedingungen und Mückenschwärme alte Vertraute. Als Britin hat sie schon einige Rennen in Fort William hinter sich. Für Nuno dagegen war es das erste Mal. Für ihn galt es also, möglichst schnell die Strecke zu lernen, auf Geschwindigkeit zu kommen und sein Yalla! abzustimmen. Aber da seine Hometrails größtenteils nicht weniger anspruchsvoll sind als die Abfahrt in Fort William, zuckte unser Mann aus Portugal nicht einmal mit der Wimper.

Ebenfalls auf einem Yalla! unterwegs war Nathan Kitchen aus den USA, der sein Bike erst zwei Wochen vor dem Rennen in Empfang genommen hatte und jetzt damit die USA bei der Weltmeisterschaft in Fort William vertrat. Für uns eine willkommene Überraschung, gleich drei Yalla! bei der WM zu sehen.


Sowohl Stacey als auch Nuno beendeten den Trainingstag mit positivem Fazit - in Fort William alles andere als selbstverständlich. Die Strecke fuhr sich wie ein Traum und lieferte satte Traktion. Die Bikes funktionierten super und beide hatten einfach Spaß auf jeder Abfahrt. Fort William schafft es sonst gerne mal, genau diesen Spaß zu zerstören. Nämlich dann, wenn das Wetter umschlägt und man immer wieder an den gleichen Steinen hängen bleibt.

Beide fanden schnell ein Setup für ihr Yalla!, das das richtige Maß an Support und Feedback vom Boden und natürlich eine stimmige Balance lieferte. Stacey verwendete eine andere untere Dämpferaufnahme, um die Tretlagerhöhe für ihr kleineres Hinterrad anzupassen. Nuno dagegen setzte auf eine Dämpferaufnahme, die die Progression etwas erhöht und fuhr 29” vorne und hinten. Diese Kombination aus großen Laufrädern und dem erhöhten Fahrwerks-Support sollte optimal über die ruppigen Felsstücke rollen. Nach einigen Experimenten mit der kürzeren Kettenstreben-Einstellung wechselte er zurück auf die mittlere Position, die ihm besser für die rauen High-Speed-Abfahrten des World Cups taugte.

Da nicht nur der World Cup einige organisatorische Veränderungen erfahren hat, sondern auch bei der Weltmeisterschaft der zusätzliche Trainingstag weggefallen ist, kam die Qualifikation diesmal besonders schnell näher. Der Zeitplan der WM ähnelt nun dem eines Word Cups, mit dem Unterschied, dass sich mehr Fahrer fürs Finale qualifizieren.

Während des Trainings blieb es größtenteils trocken. Einige Abschnitte im oberen Teil der Strecke begannen sogar richtig auszutrocknen und locker zu werden. In der Nacht zum Qualifikationstag hat es dann aber nochmal ordentlich geregnet, was der Strecke in Fort William allerdings eher nützt als schadet. Der Regen hält den losen Kies zusammen und wäscht den Schlamm, der sich aus den sumpfigen Löchern herausgearbeitet hat, von den unzähligen Felsen. Glücklicherweise hatte der Regen die Strecke im unteren Wald-Abschnitt so gut wie gar nicht beeinflusst, so dass die Racer dieselben Linien wie am Vortag mit genauso viel Geschwindigkeit fahren konnten.


Stacey's Quali-Lauf war der erste. Nachdem sie die Ziellinie überquert hatte, reihten sich immer mehr Fahrer hinter ihr ein. Als alle im Ziel waren, stand sie noch immer auf Platz 8! Da war es fast eine Überraschung von ihr zu hören, dass sie eher eine sichere Hand gespielt hatte und noch nicht ans Limit gegangen war. Vielleicht müssen wir doch nochmal einen genaueren Blick auf ihren Stammbaum werfen. So gut, wie sie bei den Weltmeisterschaften abschneidet, muss sich eigentlich irgendwo ein Franzose unter ihren Vorfahren verstecken…

Nuno war als Nächster dran und hatte einen soliden Lauf ohne größere Fehler. Ich für meinen Teil könnte die Geschwindigkeit, die er nach nur acht Runs auf einer brandneuen Strecke erreicht hatte, nicht auch nur ansatzweise erreichen. Aber natürlich bleibt Fort William eine Strecke, bei der sich Erfahrung auszahlt. Trotzdem konnte Nuno sich für das Finale qualifizieren. Bei einigen seiner Zwischenzeiten lag er sogar innerhalb der Top 40.


Wie jedes Mal ließen sich einige von uns vom naiven Gedanken verleiten, sich ein - zumindest für schottische Verhältnisse - trockenes Finale vorzustellen, ganz besonders im Lichte des guten Wetters der letzten Tage. Aber ein Blick in die Wetterprognose für den Finaltag machte schnell klar, dass es sehr wohl noch ein Regenrennen werden könnte.

Die Trainingsläufe an diesem Morgen verliefen gut. Sowohl Stacey als auch Nuno probierten dabei noch einige letzte Anpassungen an ihren Setups aus. Stacey erhöhte den Druck in Gabel und Dämpfer etwas, um den größer gewordenen Löchern und ihrer mit jedem Run gewachsenen Geschwindigkeit Rechnung zu tragen. Sicher spielte auch mit rein, dass an dem einen Run alles hing. Nuno testete eine niedrigere Front, mit dem Ziel, den Grip an der Front so weiter zu erhöhen. Aber schon nach einem Lauf spürte er, dass die Veränderung ihn auf den steilen und felsigen Passagen der Strecke zu weit nach vorne brachte. Manchmal muss man eben sehen, wo die Extreme liegen, um die goldene Mitte zu finden. Ein letzter Trainingslauf mit der vorherigen Lenkerhöhe bestätigte ihm dann, dass er startklar war.

Oben, beim Aufwärmen am Start der Strecke, schien es, als wäre Gareth, Staceys Partner, nervöser als sie. Vielleicht war sie es innerlich auch, aber sie ließ es sich zumindest nie anmerken und folgte ihrer Pre-Race-Routine konzentriert und ruhig.

Die Kameradschaft zwischen den Racern ist bei jedem Downhillrennen aufs Neue beeindruckend. Obwohl sie direkt miteinander konkurrieren, wünscht jeder dem anderen viel Glück, während man sich zum Starthäuschen auf dem Aonach Mòr begibt, dessen Form an ein Auge erinnert. Ich glaube nicht, dass die Starter bei einem Formel 1-Rennen ihren Konkurrenten genauso Glück wünschen.


Am Start herrschte eine ruhige Atmosphäre, während Stacey sich in Position brachte und auf die berühmten Pieptöne wartete, um ins schottische Moor hinauszuschießen. Da die Strecke im oberen Teil so offen ist, kann man die Racer vom Starthäuschen aus bis zur Beginn des zweiten Abschnitts beobachten. Ab da ist man darauf angewiesen, dass der Wind ein bisschen Handyempfang herüber weht und man dem Live-Timing folgen kann.


Als dann Staceys zweite Zwischenzeit angezeigt wurde, die den ruppigsten Teil der Strecke abdeckt, war leider sofort klar, dass sie unterwegs ein Problem gehabt hatte. Als wir sie unten im Ziel erreichten, erzählte sie von einem heftigen Sturz, bei dem sie ziemlich eingeschlagen war. Im Waldstück stürzte sie noch ein zweites Mal, doch als der Adrenalinpegel nach dem Rennlauf absank, spürte sie vor allem die Schmerzen vom ersten Crash.

Die anwesenden Sanitäter kümmern sich sofort um sie. Da deutlich zu sehen war, dass sie starke Schmerzen hatte und ihr das Gehen schwer fiel, beschlossen die Ärzte, sie zur Kontrolle ins Krankenhaus zu bringen.


Ein paar kurze Stunden später war dann Nuno an der Reihe. Im Zielbereich hatte es zu dem Zeitpunkt schon begonnen zu regnen und vom Start oben auf dem Berg wurde gemeldet, dass man die Gewitterfront förmlich auf sich zukommen sehen konnte. Die Fans an der Strecke zeigten sich vom Regenwetter unbeeindruckt und feuerten alle Fahrer mit unverminderter Intensität an, während sich ihre Schuhe mit Wasser füllten. Für die Fahrer bedeutete das viele Wasser auf der Strecke jedoch eine deutlich schlechtere Sicht und das Waldstück hatte sich in eine Rutschpartie verwandelt.


Nuno ist abseits des Bikes ein eher ruhiger Typ und lässt eher seinen spektakulären Fahrstil für sich sprechen. Trotz der erschwerten Bedingungen legte er einen soliden Run hin - auch wenn er an der Ziellinie so nass war, wie eine ertrunkene Ratte. Natürlich zeigte sich der starke Regen in seiner Zeit, genauso wie der Umstand, dass er nicht bei diesen Streckenbedingungen trainieren konnte (Ich bin mir auch nicht sicher, ob irgendjemand wirklich eine Woche bei strömendem Regen trainieren wollte). Nuno beendete die WM auf dem 53. Platz.

Während die Erinnerungen an die verrückte Weltmeisterschaft letztes Jahr in Les Gets noch frisch in unseren Köpfen sind, war die WM auch dieses Mal wieder ein Event, an das wir uns noch lange erinnern werden. Zu erleben, wie ein Brite in seiner Heimat unter widrigsten Bedingungen den Weltmeistertitel holte, war schlichtweg unbeschreiblich. Les Gets hätte fast im Feuer der After-Party gebrannt, und obwohl es schwierig wäre, einen so feuchten Ort wie Fort William in Brand zu setzen, war die Party dort nicht weniger wild. Die Weltmeisterschaft ist immer eine besondere Rennwoche, ganz gleich wo.

Es fällt uns immer noch schwer zu glauben, dass dies erst unsere zweite Saison Ist, in der wir mit dem Yalla! Rennen fahren. Wir sind unheimlich stolz auf Nuno, Stacey und Nate. Nicht nur dafür, dass sie für ihre jeweiligen Nationen ausgewählt wurden, sondern auch dafür, dass sie die ganze Woche über so schnell auf ihren RAAW-Bikes unterwegs waren. Nuno schlich sich sogar auf das “Vital Raw”-Video und ließ dort einige der neuesten DH-Bike-Prototypen mit seinem soliden, stabilen und immens schnellen Fahrstil und Bike-Setup wie unruhige Ponys aussehen.

Das Gute an einer Weltmeisterschaft mitten in der Saison ist, dass noch viele weitere Rennen bevorstehen. Und wir können sie kaum erwarten und freuen uns schon wie ein Kind an Weihnachten auf das nächste Worldcup-Rennen.

Photos: Ross Bell (Instagram: @rossbellphoto)

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