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Freeride is Dead - Long Live Freeride!

Freeride is Dead – Long Live Freeride!

Nach seiner Rückkehr aus Kanada hat Tristan viele aufregende Pläne geschmiedet, alle mit dem klaren Ziel, große Sprünge zu fahren und zu zeigen, wie Freeriden im Jahr 2023 aussehen kann. In dieser Story nimmt dich Tristan mit auf seine Reise, sowohl mit seinem Camper als auch auf seine Reise der Erfahrungen. 

Sich zu verlieren, neue Wege zu erkunden und Misserfolge nicht als Niederlage, sondern als wertvolle Erfahrungen zu betrachten, ist ein essenzieller Bestandteil des Reifeprozesses eines jeden Menschen. Unabhängig davon, wie viele inspirierende Zitate man von den Denkern der Zeit verinnerlicht, wie häufig man Videos von scheinbaren "Erfolgsmenschen" ansieht oder die Erzählungen und Ratschläge von Freunden und Familie aufnimmt – sich in vorgefertigte Kategorien einordnen zu lassen, legt den ersten Grundstein dafür, unnötige Grenzen für sich selbst zu setzen, die in Wirklichkeit gar nicht existieren.

Durch meine ausgeprägte Neigung, nicht lange an einem Ort zu verweilen, wurde nach meinem unvergesslichen Aufenthalt in Kanada schnell klar, dass ein neues, noch größeres Abenteuer mein nächstes Ziel war. Gemeinsam mit meinem Kumpel und meinem zuvor umgebauten Transit machte ich mich über die Osterfeiertage auf den Weg, um dem deutschen Winter zu entkommen und Spanien zu erkunden.

Mein frisch aufgebautes Yalla! wurde nicht nur von feinstem katalonischen Staub im Pure Riding Bikepark umhüllt, sondern erlebte auch die Herausforderungen der erstklassigen Jumplines im 4Riders Bikepark. Anfangs war ich unsicher, ob mein relativ großes Full-29-Downhill-Bike für steile Trails und Sprünge geeignet war, doch schon vom ersten Moment an spürte ich wieder die Leidenschaft, die ich so sehr liebe – das Fahren von Jump Lines mit einem Doppelbrückenrad.

Auf dem Rückweg von unserem zweiwöchigen Abenteuer stand der Besuch der Royal Hills in der Nähe von Toulouse in Frankreich auf dem Programm. Da die Flat Out Days in Slowenien ausfielen, war die Royal Fest Line das nächstgelegene Ziel, um zum ersten Mal die Weiten des Big Air zu erleben. Nachdem die ersten Sprünge bis nach dem Lillypad-Feature gemeistert waren, wagten wir uns an die großen Sprünge. Aufgrund des Wetterberichts war uns bewusst, dass wir nur diesen einen Tag hatten, bevor der Regen einsetzen würde.

Trotz des anhaltenden Windes ergaben sich immer wieder kurze Zeitfenster, in denen wir fahren konnten. Leider verpasste ich dieses Fenster und wurde von einer heftigen Windböe frontal erfasst. Das nächste, woran ich mich erinnere, war das Gesicht der Rettungssanitäterin im Krankenwagen. Mit schmerzenden Händen ohne Haut und einer gebrochenen Schulter mussten wir das Abenteuer vorzeitig beenden.

Im französischen Krankenhaus konnte zunächst nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass meine Schulter gebrochen war. Letztendlich zwang mich jedoch ein MRT dazu, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Aufgrund von Haarrissen bestand die Gefahr, dass meine Schulter jederzeit im schlimmsten Fall erneut brechen könnte.

Dies klang für mich zunächst nicht so einschüchternd, als dass es mich vom Radfahren abhalten sollte. Die Liste meiner geplanten Sommeraktivitäten war noch lang. Nach einer etwa achtwöchigen Phase, die von einer Art Halbdepression ohne Radfahren geprägt war, fand ich mich schließlich in Schladming in einer großartigen Truppe wieder. Auch wenn ich zwischendurch meine Zweifel hatte – Radfahren ist einfach das Beste!

Nach meiner Rückkehr aus Schladming plagten mich beträchtliche Schmerzen, und ich erkannte, dass es vielleicht nicht die beste Entscheidung war, so schnell wieder durchzustarten. Also gewährte ich meinem Körper eine weitere Auszeit, verbrachte mehr Zeit mit meiner Familie und ließ die vergangene Zeit Revue passieren.

Gleichzeitig nahm ich einige Anpassungen an meinem Yalla! vor. Mit meiner vergleichsweise geringen Größe von 175 cm und meinem Wunsch nach einem verspielteren Rad führte für mich kein Weg an der Einstellung für eine kurze Kettenstrebe vorbei. Zudem ergab sich die Gelegenheit, das Rad als Mullet zu testen. Gerade in sehr steilen Sektionen spürte ich, dass sich das Hinterrad dabei sehr viel agiler anfühlte.

Mit dem neuen Setup und immer noch eine heilende Schulter begab ich mich in den Sommerurlaub nach Portes du Soleil – der perfekte Ort, um das Yalla! auf Herz und Nieren zu testen. Steeps, DH Strecken und dicke Jumplines waren das perfekte Rezept für einen Sommer nach meinem Geschmack.

Ursprünglich hatte ich geplant, nach meinem Trip nach Spanien mein erstes Edit zu filmen, doch das war leider unmöglich. Mir war es wichtig, nicht irgendein MTB-Edit zu produzieren, sondern etwas zu schaffen, das meine Fähigkeiten auf dem Rad zeigt und vor allem das Gefühl von guten Zeiten und Freiheit vermittelt.

Für den Edit baute ich alle Stunts und Trails zusammen mit einigen Freunden in nächtlichen Aktionen im Wald. Ein Rockroller hatte ich seit drei Jahren in meinem Kopf, die Vorstellung, ihn eines Tages zu fahren. Das Gefühl, zum ersten Mal zu hören, wie die Reifen meines Kumpels – der aussieht wie ich, aber nicht ich war – über den Stein rutschten, und die Bestätigung zu erhalten, dass der Stein so fahrbar ist, wie ich es mir vorgestellt hatte, war einfach unbeschreiblich. Und meine Videoproduktion wird nicht aufgehoben, sondern erstmal nur verschoben.

Ende September, begleitet von einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen, lasse ich langsam die vergangene Saison Revue passieren. Einige meiner Kumpels setzten ihren Weg auf den EWS-Rennen fort, andere schlossen sich der Rennradfraktion an, und wieder andere verbrachten ihre Abende in der örtlichen Kneipe.

Ich konnte mich keiner einzelnen Gruppe zuordnen und war dennoch ein wenig bei allem dabei. Das Gefühl, nicht in eine bestimmte Kategorie zu passen, und die Unfähigkeit, Außenstehenden zu erklären, warum ich aus meinem Bus springe oder bei Schnee Stämme aus der Erde hacke, sind Aspekte, die mich im Nachhinein, zusammen mit den gesammelten Erfahrungen, zufrieden meinen Kaffee austrinken lassen.

Text: Tristan Bulant

Fotos: Peter Walker

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