December 2024
Von Füssen nach Riva – Mit der Madonna über die Alpen
Es sind die letzten Kilometer bis zum Gardasee. Meine Beine sind schwer, die Sonne brennt, und mein Sichtfeld verengt sich langsam. Jetzt bleibt nur noch der letzte Notanker – ein Schokoriegel für den Endspurt.
Auf meiner Reise von Füssen in Deutschland bis nach Riva del Garda in Italien hat mich die Madonna über viele Berge getragen. Doch fangen wir von vorne an.
Tag 0 – Karlsruhe nach Füssen
Mit dem Ziel, die Alpen zu überqueren, startete ich dieses Sommerabenteuer. Der Plan: in sechs Tagen auf der Madonna V2.2 von Füssen nach Riva zu fahren.
Um mich vorzubereiten, tauschte ich das Kettenblatt gegen eine kleinere 30-Zahn-Variante und entschied nach langem Überlegen, die griffigen Enduro-Reifen am Bike zu lassen.
Beladen mit genug Energieriegeln, Maltodextrin und Magnesiumtabletten ging es nach Füssen. Italien lag zwar noch in weiter Ferne, aber die Reise begann, wie es sich gehört – mit Pizza am Vorabend und einer frühen Nacht.
Tag 1 – Füssen nach Imst
Der Wecker klingelte um 7 Uhr, doch ich war schon voller Vorfreude wach. Selbst der strömende Regen konnte meine Stimmung nicht trüben. Um 9 Uhr war es dann endlich soweit.
Das Ziel für die Woche: im Regen starten und in der Sonne ankommen.
Wir erklommen die ersten 650 Höhenmeter Richtung Österreich, beginnend in Hohenschwangau. In Deutschland verbarg dichter Nebel das Schloss Neuschwanstein, doch sobald wir in Österreich waren, klarte das Wetter auf und gab den Blick auf den Plansee frei.
Nach einer Gondelfahrt und einer stärkenden Mahlzeit machten wir uns auf zum ersten Trail, dem Blindsee-Trail. Der Trail war überwiegend flowig, hatte aber auch technische und steinige Abschnitte. Ein perfekter Start in die Trail-Highlights der Woche, der Lust auf mehr machte.
Einige Kilometer Radweg später kamen wir schließlich in Imst an, unserem Tagesziel.
Tag 2 – Imst nach Pfunds
Der Tag begann mit einem 20 Kilometer langen Transfer auf dem Radweg entlang des Inns. Danach schlängelten wir uns entlang der Berge südlich von Landeck. Nach 1.100 Höhenmetern standen wir vor der Schönjochbahn in Fiss, die uns zum 2.436 Meter hohen Fisser Joch brachte.
Der Frommestrail begrüßte uns auf der 10 Kilometer langen Abfahrt mit Sonnenschein, sanften Kurven und atemberaubenden Ausblicken. Von Serfaus aus führten uns technische Trails zurück ins Inntal, wo wir unseren Transfer nach Pfunds starteten.
Im Hotel angekommen, tauschten wir die Bikeschuhe gegen Flip-Flops und sprangen sofort in den Pool.
In Wirklichkeit war es eher ein Bauchklatscher, gefolgt von einem Besuch im Krankenhaus und zwei Klammern im Kopf. Aber diesen Teil lasse ich besser weg.
Tag 3 – Pfunds nach Schlanders
Am Morgen brachte uns ein Transfer ins 3-Länder-Enduro-Gebiet. In Nauders angekommen, brachten uns die Bergkastelseilbahn und die Zirmbahn auf 2.496 Meter. Von dort schlängelte sich der 6 Kilometer lange Zirm-Trail den Berg hinunter. Das Fazit? Eine zweite Runde vor dem Mittagessen war Pflicht.
Nach einer kurzen Stärkung machten wir uns auf den Weg nach Italien. Am Plamorter Moos, einem Feuchtgebiet, markierten ein Viehrost und bunte Fahnen unseren Eintritt in „La Dolce Vita“.
Beim Überqueren der Panzersperren trafen wir auf den ersten technischen Trail des Tages, den Bunker-Trail. Die Madonna mag auf Transfers ein wenig schwerfälliger sein als ein Trailbike, doch ihre Federung war auf dem ruppigen Abfahrten ein echter Segen.
Nach einer Runde auf dem Schöneben Flowtrail ging es auf einem Radweg 20 Kilometer und 600 Höhenmeter hinunter ins Vinschgau – mit Vollgas. Nach einem exzellenten italienischen Abendessen verbrachten wir die Nacht in Schlanders.
Tag 4 – Schlanders nach Unsere Liebe Frau im Walde
Der vierte Tag begann mit einem Frühstück, das eines Champions würdig war, denn der Tag versprach anspruchsvoll zu werden. Mit 1.800 Höhenmetern und 68 Kilometern stand uns die bisher größte Herausforderung bevor.
Durch nebelverhangene Wälder kämpften wir uns auf den 2.018 Meter hohen Rauchenbichl. Die Belohnung? Kaiserschmarrn zum Mittagessen, begleitet von den ersten Sonnenstrahlen. Vom Rauchenbichl aus folgten wir alpinen Pfaden entlang der Südseite des Naturnser Hochjochs ins Ultental.
Als der Morgennebel sich lichtete, schien die Mittagssonne strahlend über uns. Perfekte Bedingungen, um die nächsten 1.000 Höhenmeter zu bewältigen. Mit ständigem Nachladen von Kohlenhydraten erreichten wir den Gipsbichl und rollten gegen 18 Uhr die Gampenpass-Straße hinunter zu einer abendlichen Pasta-Party.
An diesem Tag im Sattel zeigte sich, wie schnell sich das Wetter in den Bergen ändern kann.
Tag 5 – Unsere Liebe Frau im Walde nach Andalo
Auf dem Weg zu unserem Mittagsstopp, Cles, begann sich das Gelände allmählich zu verändern. Leichte Trails und Wanderpfade führten uns durch mehr Kalkstein und mediterrane Flora.
Durch Obstplantagen und am Lago di Santa Giustina vorbei ging es zum letzten Anstieg des Tages. Die 600 Höhenmeter mit fünf steilen Betonrampen von fast 20 % Steigung liefen erstaunlich gut dank des einsetzenden Regens, der uns später im Bikepark Dolomiti Paganella motivierte, die schlammigen Trails zu testen.
Tag 6 – Andalo nach Riva
Mit einer ordentlichen Portion Pfannkuchen im Bauch starteten wir den Tag mit einer entspannten Abfahrt nach Molveno.
Nach den Strapazen der letzten Tage gönnten wir uns eine entspannte Morgen-Session im Bikepark. Trails wie „Willy Wonka“ und „Hustle & Flow“ boten uns die letzten Momente Airtime und Höhenverlust.
Von Monte Razo aus erspähten wir erstmals unser Ziel: den azurblauen Gardasee. Dem Plateau folgend ging es über einen steinigen S3-Trail mit typischem Gardasee-Flow bergab – noch 30 Kilometer bis zum lang ersehnten Ufer.
Trotz brennender Sonne und schweißtreibender Hitze traten wir auf dem Radweg kräftig in die Pedale, sodass einige Cross-Country-Fahrer sich fragten, was da gerade an ihnen vorbeigeflogen war.
Nach 440 Kilometern, 7.303 Höhenmetern und 15.282 Metern Abfahrt erreichten wir endlich unser Ziel. Mit einem eiskalten Bier in der Hand ging es direkt hinein in den Gardasee.
Nach einer Woche in den Alpen kann ich sagen: Die Madonna hat mich nicht im Stich gelassen. Ein kurzer Reifendruck-Check und ein Kettenöl am Morgen, und schon konnte es losgehen.
Mit dem 30er-Kettenblatt waren die Anstiege machbar. Wer nicht so viel Grip auf den Trails braucht, könnte auf leichtere Reifen setzen. Sonst würde ich die Reise genauso wiederholen.
Falls ihr Interesse habt, schaut euch den Rock My Trail’s "Spend More Time on Trails" Alpencross an. Vielleicht sehen wir uns ja beim nächsten Mal.
Text: Luca Dransmann